Weltraumforscher haben Weitblick. Das liegt in ihrer Natur. Aktuell erwarten sie am neuen James-Webb-Weltraum-Teleskop Bilder, die mehrere Milliarden Jahre alt sind - weil es so lange gedauert hat, bis das Licht die unendlichen Weiten des Weltraums durchquert hat. Sie erwarten damit sogar Erkenntnisse über den Urknall. Was sind dagegen schon zehn Jahre? Dennoch haben Forscher der Weltraumbehörde NASA diesen, aus irdischer Sicht durchaus langen Zeitraum, jetzt in den Blick gefasst. In zehn Jahren nämlich können die heutigen Schüler der Astronomie AG das Abitur und ein Studium absolviert haben. Und genau deshalb lockt die NASA sie schon heute mit einem spektakulären Experiment in ihre Forschungsrichtung. Weil sie sie für ihr Fach gewinnen und später als Mitarbeiter werben möchten, lassen die Forscher Schülerinnen und Schüler von Südafrika bis in die USA, von Asien bis Europa an einem zukunftweisenden Projekt teilnehmen. Das Ziel der NASA: Sie will in den 2030er Jahren eine dauerhaft besetzte Station auf dem Mond einrichten. Diese braucht man, um von dort in Richtung Mars aufbrechen zu können. Damit Menschen längere Zeit auf dem Mond leben können, brauchen sie Nahrungsmittel. Die große Frage lautet nun: Was wächst da? Und wie könnte man beispielsweise Getreide anbauen?

Hier sind wir bei der Aufgabe der Astronomie-AG unter der Leitung des Physiklehrers Lutz Brendel. Die sechs Schülerinnen aus der 9. Jahrgangsstufe züchten seit mehreren Wochen Roten Klee annähernd unter Weltraumbedingungen, in einem so genannten ExoLab. In diesem luftdicht abgeschlossenen Glaszylinder befindet sich die Nährlösung Agar-Agar. Darin keimen Klee-Samen, die jetzt schon Wurzeln schlagen, grüne Triebe und Blättchen bilden. Jeden Tag hält eine Web-Kamera den Fortschritt per Foto fest. Dies überträgt sie in eine weltweit vernetzte Foto-Galerie. Dort können alle das Wachstum in unterschiedlichen Klimazonen der Erde betrachten und - das ist der Clou - mit den Pflanzen vergleichen, das in einem ExoLab auf der Weltraumstation ISS steht. Auch dort wächst Roter Klee auf Agar-Agar unter Luftabschluss.

"Auf den Bildern von der ISS sehen wir, was passiert, wenn Pflanzen ohne Schwerkraft wachsen", erklärt Lutz Brendel. "Die Wurzeln und die Triebe sind ganz orientierungslos und wachsen in alle Richtungen", hat er mit den Schülern beobachtet. Wirklich pflegen müssen sie ihr ExoLab nicht. "Man muss nur aufpassen, dass der Zylinder gut verschlossen ist und mit Strom versorgt wird, sonst trocknet das AgarAgar aus."

Obwohl man sich die Mini-Forschungsstation einfach im Internet bestellen kann, brauchte der Physiklehrer die Geduld eines Weltraumforschers, um die finanziellen Mittel zu beschaffen. "Es hat ein Jahr gedauert, um mit Unterstützung unseres Fördervereins und der Stiftung Polytechnischen Gesellschaft die notwendigen 2000 Euro zu organisieren", berichtet er. Die braucht er für Lizenzen, Betreuung durch das beauftragte Forschungs-Unternehmen Magnitude und für den Anzucht-Zylinder. Doch ans Aufgeben war nicht zu denken. Denn für die Astronomie-AG gilt derselbe Slogan wie für Magnitude: Beide sind "Powered by Curiosity".

Mehr Informationen und spannende Aufnahmen des Unternehmens Magnitude gibt es im Netz unter: STEM education and project based learning in Space for K12, NGSS (magnitude.io) Die neugierigen Forscherinnen und Forscher bei Magnitude erforschen in noch viel breiterem Rahmen, wie sich Lebewesen in der Schwerelosigkeit verhalten - oder wie man zum Beispiel mithilfe von Pflanzen wie der Luzerne CO2 abscheiden kann. Sie soll das Überleben auf der Erde und im Weltraum sichern helfen. Text: Clark Noeding, Jana Rossius, Annegret Schirrmacher