Ich kann, ich will, ich mach’: Schüler gestalten die Projekttage 2019

Draußen flirrt die Hitze, die Sommerferien stehen vor der Tür. Doch in der Leibnizschule sind Schülerinnen und Schüler konzentriert und gut gelaunt koreanischer Kultur auf der Spur, durchqueren kochend die halbe Welt, recherchieren Verlockendes über unbekannte Reiseziele oder durchforsten ihre Schule samt Kiosk, um unnötige Verpackungen in Zukunft vermeiden zu können. Dabei sind die Zeugnisnoten eingetragen, die Bücher längst abgebenen – woher also die Motivation? Ganz einfach: Von 28 angebotenen Projekten sind 20 auf Initiative von Siebt- bis Neuntklässlern entstanden. Lehrkräfte sind in diesen Tagen Assistenten – und: Es läuft!

Manche der Lernenden hat’s dennoch nach draußen gezogen: Eine Gruppe wandert rudernd über die Gewässer der Region. Andere perfektionieren ihre Spieltechnik auf dem Fußballfeld. Und eine neue Generation von Akrobatinnen trainiert bei rund 40 Grad auf dem asphaltierten Schulhof auf blitzenden Einrädern – erst an der Hand der Trainer, dann in Dreierformation, schließlich auf der “Giraffe”, einem Einrad mit extra-hohem Sattel. Die Sportlehrer und der externe Trainer, Herr Fischer, sind beeindruckt: “Die Kinder lernen unheimlich schnell!”

“Drei Mal Vorhand, drei mal Rückhand” lautet währenddessen die freundliche Ansage zum Badminton-Projekt in der Sporthalle und anschließend hört man nur noch das leise “Pock – pock – pock” und den einen oder anderen Sportschuh auf dem Boden quietschen. Auch hier hat sich die Gruppe mit Martin Schroetter einen Profi aus der Vereinswelt dazugeholt, der die Konzentration der Schülerinnen und Schüler lobt. Ganz still ist es bei den kreativen Schreiberinnen, die sich eine erste Inspiration von Fotos holen und dann abtauchen in ihre Fantasiewelt. In die Welt der Senioren taucht dagegen eine sechste Klasse ein: Während Gäste der Senioreninitiative Höchst einen Rap schreiben, studieren die Kinder die für sie “alte” “Ode an die Freude” von Ludwig van Beethoven ein – so lernt jeder die Welt des anderen kennen.

Und wer jetzt den Eindruck hat, hier wird ein Werbetext geschrieben, dem sei gesagt: Na gut, ein paar Schülerinnen und Schüler sind nicht so begeistert. Aber eigentlich nur, weil sie nicht das Projekt ihrer Wahl bekommen haben – 200 Teilnehmer beim “Internationalen Kochen” hätten eben jeden Rahmen gesprengt. Wenn dann auch Projektwunsch zwei und drei nicht klappte, ging die Stimmung schon mal in den Keller. “90 Prozent haben eines ihrer drei Wunschprojekte bekommen”, erklärt Salomon Ghebrehiwet, der in wochenlanger Vorbereitung und unterstützt von IT-Kollege Carsten Fink dieses Pilotprojekt vorbereitet, Schüler zu eigenen Vorschlägen motiviert, dann die Einwahl und Zuordnung durchgeführt hat. Das Schulfest am dritten Projekttag samt Präsentationen wird ihm Recht geben: “Schon beim Herumhören zeigten sich viele Schülerinnen und Schülern total zufrieden oder gar glücklich”, sagt Ghebrehiwet. “Mich hat vor allem gefreut, dass so viele Schülerinnen die Chance genutzt haben, Initiative zu ergreifen und ein Projekt zu initiieren.”

So hat sich in nur drei Tagen eine neue Band geformt, die das Schulfest am Mittwoch rocken wird. “Die Musikerinnen und Musiker haben sich die Songs selbst ausgewählt”, betont Musiklehrerin Jessica Walter. “Sie sind enorm schwierig.” Spricht’s und probt den Rhythmuswechsel in “Rather be” von Clean Bandit erneut. Zum Glück ist es kühl im Proberaum im Keller – der übrigens die beliebteste Etage in diesen Tagen darstellt. Nebenan freut sich das Projekt “Umweltdetektive – dem Verpackungsmüll auf der Spur” über die musikalische Unterhaltung. Sie haben am Vortag den “Unverpackt-Laden” In Frankfurt-Bockenheim besucht und dort erfahren, dass man sich Saure Pommes ganz plastiktütenfrei in mitbgebrachte Schraubgläser abwiegen lassen kann. Und lecker waren sie auch noch. Am zweiten Tag interviewen sie den Mann im Schulkiosk: “Welche Alternativen gäbe es denn für die kleinen Plastik-Trinkflaschen? Und für die Capri-Sonnenpäckchen aus Alufolie? Und wie könnten wir mehr Schüler dazu bringen, auf Papiertüten für ihre Brötchen zu verzichten?” Dann gestalten sie für den Kiosk vier auffällig-bunte Plakate, die die Schüler auffordern, ihre Brötchen doch ohne Tüte zu kaufen. “Man isst sie doch sowieso gleich auf”, meint Paula. Manche gute Idee wird sich erst mittelfrisig umsetzen lassen. Darum wird sich im neuen Schuljahr eine Umwelt-AG kümmern.
So bunt das Projektprogramm dahergekommen ist, so bunt sind am dritten Projekttag dann auch die Präsentationen: Im Garten verteilen die “Internationalen Köche” Kostproben ihrer leckeren Brotaufstriche, die Gruppe “Modisch ist auch was für dich”, die die Hobby-Schneiderinnen Sophja Weisker und Tara Schaub (9f) geleitet haben, zeigt “Moodboards”, Plakate, auf die die Schülerinnen Bilder von Kleidungsstücken geklebt haben, die ihrem Style und ihrem “mood”, ihrer Stimmung, entsprechen. Daneben gibt’s eine Zeitreise durch die Modewellen der vergangenen 100 Jahre. Riesigen Spaß haben die Besucher im Raum “Korean dance” – sie tanzen beim präsentierten Video einfach mit. Stolz zeigen schließlich die fünften Klassen ihre gebastelten Stockwerkmodelle eines Regenwalds oder charmante Vogelskulpturen, die scheinbar gerade aus einem phantasievollen Kinderbuch entstiegen sind.
Während die Ruderer, die an diesem Tag nicht mehr aufs Wasser gegangen sind, die Tombola-Lose verkaufen und die vom Förderverein gesponserten Getränke ausschenken, tanzen ganze Horden um den Rasensprenger, der an diesem Tag mal nicht den Leibnizgarten, sondern überhitzte Schülerköpfe kühlt. Dann verabschieden sich die Schülerinnen und Schüler von der scheidenden Schulleiterin, Sabine Pressler. Sie versammeln sich im Schatten eines großen Laubbaums um eine kleine Bühne, wippen bei den neu einstudierten Rock-Songs der Schulband mit, staunen über die raffinierten Kartenspieler-Tricks von Jonas Tran und applaudieren begeistert einem Orchesterstück. Die Schulleiterin hat in den vergangenen Tagen zahlreiche Projekte besucht und ist sichtlich beeindruckt von “eurer Kreativität und euren Talenten, die sich vor allem in Inhalten gezeigt haben, die außerhalb des Schulprogramms liegen.” Sie würde es sehr begrüßen, wenn die Band – “ganz aus eurer eigenen Initiative” – weitermachen würde: “Denn das brauchen wir!” Der Projektkoordinator, Salomon Ghebrehiwet, hört das gern: ” Schule könnte öfter so frei und so freundlich sein. In den Kindern steckt so viel Energie und Kreativität. Man muss sie nur lassen.”